Das Kanban-System

Kanban wird oft missverstanden. Es sollte als eine Ergänzung zu bestehenden Prozessen angesehen werden, um die Arbeitsverwaltung und den Service zu verbessern. Es ersetzt keine bestehenden Praktiken, sondern verbessert sie, um die Kundenerwartungen konsequent zu erfüllen und die Zufriedenheit der Mitarbeiter zu steigern. 

Kanban ist:

  • Ein Werkzeug zur Verbesserung bestehender Abläufe.
  • Eine Methode, um Arbeitsprozesse transparent und effizient zu gestalten.
  • Ein System, das Multi-Tasking reduziert oder vermeidet und stattdessen auf das Fertigstellen von Aufgaben vor dem Beginn neuer fokussiert.
  • Ein Ansatz zur Steigerung der Reaktions- und Anpassungsfähigkeit an Kundenanforderungen, interne Bedürfnisse und Marktdynamiken.

Kanban ist nicht:

  • Eine eigenständige Methodik, die von bestehenden Prozessen isoliert ist
Die Kanban-Prinzipien

Damit Kanban seine volle Wirkungskraft entfalten kann, gilt es, die folgenden Prinzipien zu praktizieren: 

1. Verstehen und Fokussieren auf Kundenbedürfnisse und -erwartungen

Es ist entscheidend, die Bedürfnisse und Erwartungen der Kunden zu verstehen und sich darauf zu konzentrieren, um sicherzustellen, dass die bereitgestellten Dienstleistungen oder Produkte tatsächlich Wert schaffe

2. Arbeit verwalten, nicht Menschen

Anstatt Menschen zu managen, sollte der Schwerpunkt auf der Arbeit liegen. Mitarbeiter sollten die Möglichkeit haben, sich um die Arbeit herum selbst zu organisieren, was zu höherem Engagement und gesteigerter Effizienz führt.

3. Regelmäßige Überprüfung zur Verbesserung der Ergebnisse

Ein zentrales Element von Kanban ist die kontinuierliche Verbesserung. Dies bedeutet, das Netzwerk der Arbeitsabläufe und die zugrunde liegenden Richtlinien regelmäßig zu überprüfen und anzupassen, um bessere Ergebnisse zu erzielen

Die sechs Kanban-Praktiken

1. Visualisierung der Arbeit 

Jedes Kanban-Board ist einzigartig und dient als visuelle Darstellung der Arbeit. Es zielt darauf ab, ein flexibles Board-Design zu haben, das sich im Laufe der Zeit weiterentwickelt. 

2. Limitierung der Arbeit in Bearbeitung (Work-In-Progress, WIP) 

Durch Festlegen von WIP-Limits wird die Anzahl der Aufgaben in jedem Arbeitsabschnitt begrenzt. Dies macht Blockaden und Engpässe sichtbar und ist eine grundlegende Kanban Anforderung, um einen kontrollierten Arbeitsfluss zu gewährleisten. 

3. Verwaltung der Arbeit, nicht der Menschen 

Das Ziel ist es, die Arbeit so reibungslos und vorhersehbar wie möglich abzuschließen und gleichzeitig ein nachhaltiges Tempo beizubehalten. 

4. Explizite Prozessregeln 

Arbeit wird durch explizite Praktiken organisiert, einschließlich Auffüllregeln, Fertigstellungskriterien und WIP-Limits. Diese sollten minimal, unkompliziert und leicht verständlich sein, um Klarheit und effektive Umsetzung zu gewährleisten. 

5. Retrospektiven implementieren 

Durch die Implementierung von Feedbackschleifen kann das Team kontinuierlich seine eigene Leistung bewerten und Prozesse und Arbeitsabläufe in Echtzeit anpassen. 

6. Kollaborative Verbesserung 

Teammitglieder werden ermutigt, gemeinsam Verbesserungen zu identifizieren und umzusetzen. Die Vielfalt innerhalb des Teams wird für innovative Ideen und Lösungen genutzt. 

Kanban-Schlüsselmetriken und ihre Rolle für den Erfolg

Die Schlüsselmetriken von Kanban sind nicht nur Zahlen auf einem Dashboard; sie sind das Rückgrat eines effizienten Prozesses und tragen maßgeblich zu einer erfolgreichen Implementierung von Kanban bei. Hier ein Einblick, wie diese Metriken die Leistungsfähigkeit eines Kanban-Systems steigern: 

Durchlaufzeit (Lead Time) 

Die Durchlaufzeit zeigt, wie lange es dauert, bis eine Aufgabe vom Zeitpunkt der Anforderung bis zur Fertigstellung bearbeitet wird. Eine kürzere Durchlaufzeit deutet auf einen schnelleren Wertestrom hin und hilft, die Reaktionsfähigkeit gegenüber Kundenanforderungen zu verbessern. 

Zykluszeit (Cycle Time)

Die Zykluszeit misst, wie lange eine Aufgabe tatsächlich bearbeitet wird, also von der Arbeitsaufnahme bis zur Lieferung. Durch Minimierung der Zykluszeit können Ressourcen effizienter genutzt und die Produktivität gesteigert werden. 

Work in Progress (WIP)

Die Anzahl der Arbeitseinheiten, die sich im Prozess befinden, aber noch nicht abgeschlossen sind, gibt Aufschluss über die Belastung des Teams. Durch das disziplinierte Management von WIP kann ein Team Überlast vermeiden und sicherstellen, dass jede Aufgabe die notwendige Aufmerksamkeit erhält. 

WIP-Limit

Die Gesamtzahl der Elemente im System oder in bestimmten Stadien kann aufzeigen, wo Engpässe bestehen und ob die Arbeit gleichmäßig verteilt ist. 

Durchsatz (Throughput)

Der Durchsatz, also die Anzahl der in einer Zeiteinheit abgeschlossenen Arbeitseinheiten, gibt Aufschluss darüber, wie viel Arbeit das Team insgesamt bewältigen kann. Ein höherer Durchsatz zeigt eine höhere Produktivität an. 

Flusseffizienz (Flow Efficiency)

Die Flusseffizienz misst den Anteil der Zeit, in der aktiv an einer Aufgabe gearbeitet wird, im Verhältnis zur Gesamt-Durchlaufzeit. Hohe Flusseffizienz deutet auf einen störungsfreien Arbeitsfluss hin und hilft, Bereiche für Verbesserungen zu identifizieren. 

Ausschussraten (Discard Rates)

Die Ausschussraten vor und nach dem Commitment-Punkt können auf Probleme in der Qualitätssicherung oder auf eine mangelnde Übereinstimmung der Arbeit mit den Kundenanforderungen hinweisen. Eine niedrige Ausschussrate zeigt an, dass das Team effektiv arbeitet und hohe Qualitätsstandards aufrechterhält. 

Diese Metriken ermöglichen es Teams, den Fortschritt ihrer Arbeit zu verfolgen, Problembereiche schnell zu identifizieren und Anpassungen vorzunehmen, um die Arbeitsabläufe kontinuierlich zu verbessern. Durch regelmäßige Überprüfung und Analyse dieser Schlüsselmetriken können Teams ihre Arbeitsprozesse verfeinern, um schneller und effizienter auf die Bedürfnisse ihrer Kunden zu reagieren und gleichzeitig eine nachhaltige Arbeitsweise zu fördern. 

Kanban: mehr Effizienz und Zufriedenheit

Kanban ist mehr als nur ein Set von Werkzeugen und Metriken - es ist eine Philosophie des "Think Big, Start Small". Der Einstieg in Kanban erfordert keinen großen Umbruch, sondern kann mit einfachen Schritten beginnen und sich durch kontinuierliche Verbesserung weiterentwickeln. Indem Teams mit kleinen Veränderungen starten, können sie die Vorteile von Kanban schnell erleben und das System schrittweise an ihre spezifischen Bedürfnisse anpassen. 

Durch das Transparentmachen der Arbeit, die Visualisierung offener Aufgaben auf Karten und das Festlegen von klaren WIP-Limits, wird eine Struktur geschaffen, die es Teams ermöglicht, schneller zu werden und die Qualität ihrer Ergebnisse zu sichern. Die Visualisierung hilft dabei, den Überblick zu behalten und Prioritäten zu setzen, was die Rüstzeiten deutlich reduzieren kann. 

Ein weiterer wesentlicher Vorteil von Kanban ist die Möglichkeit, einem "vollen Kopf" und potenzieller Erschöpfung vorzubeugen. Die klare Darstellung von Aufgaben und Verantwortlichkeiten kann Überforderung und Stress reduzieren und so zu einem ausgeglicheneren und zufriedeneren Arbeitsumfeld beitragen. 

Kanban fördert eine Kultur, in der Teammitglieder sich unterstützt und wertgeschätzt fühlen.  

Die Kombination aus gesteigerter Produktivität und verbessertem Wohlbefinden schafft eine Win-Win-Situation für das gesamte Unternehmen. Abschließend lässt sich sagen, dass Kanban nicht nur ein Werkzeug für die Optimierung von Arbeitsabläufen ist, sondern eine umfassende Strategie, die zu mehr Zufriedenheit am Arbeitsplatz und zu einer nachhaltigen Leistungssteigerung führt.